Was braucht Kleve: Ein Einkaufszenter oder einen Kulturpalast – Teil II

Posted by: on Sep 24, 2012 | 2 Kommentare

Der Rat der Stadt Kleve schreibt in der Tat Geschichte. Das zum ersten Male alle Parteien aus Kleve zu einer, sagen wir mal, informativen Austauschmöglichkeit aufrufen ist  grandios. Um den Klever Bürgern dauerhaft und nachhaltig die Möglichkeit zu geben ausführlich auf die Gestaltungsfragen unserer Stadt einzugehen sollte zeitnah eine digitale Möglichkeit geschaffen werden. Das eingerichtete ‘Ideen und Beschwerdemanagement‘ ist sicherlich gut gemeint jedoch zu unspezifisch. Dieser Kummerkasten sollte seitens der Politik in eine digital themenspeziefische Dialogplatform gewandelt werden. Das auf der anderen Seite der Bürgermeinung jemand Antwortet, muss leider erwähnt werden und ist noch nicht selbstverständlich. Ein Gestaltungsbeirat ist eine logische Konsequenz! Die Arbeit mit Gestaltungsbeiräten wäre ein Mehrwert für Kleve.

Eine kritische Auseinandersetzung mit Planungsprozessen in der Stadt bedeutet Mehrarbeit für alle Beteiligten, bringt aber in jedem Fall einen Mehrwert für die Bürger”  (Hans Schaidinger – Oberbürgermeister von Regensburg)

Von online-Bürgerbeteiligung profitiert die Politik gleich in zweifacher Hinsicht, die Politik zeige einerseits, dass sie sich für neue Formen der Kommunikation öffne. Zugleich könne sie so auf einen kollektiven Wissensschatz zugreifen.” (Axel E. Fischer, Enquete-Vorsitzende des deutschen Bundestages) (link)

Erst einmal begrüße ich dieses parteiübergreifende Zusammenkommen zu diesem für Kleves Zukunft Überaus und zukunftsweisende Thema und der möglichen Entscheidung der zur infragestellenden Bebauung auf dem Minoritenplatz. Da die Redezeit, sollte diese Gelegenheit überhaupt möglich sein, zu kurz und durch die Komplexität des Themas eine angemessene Äusserung zu äußern nicht möglich ist, schreibe ich diese hiermit auf.

Um es in einem Satz zusammen zu fassen; ist der jetzige wie auch immer angepasste Bau abzulehnen! Alle deutschlandweiten Sachverständigen die sich mit dem Thema Innerstädtische Einkaufsmalls, Einkaufscenter, Geschäftshäuser oder wie auch immer diese Warenhäuser genannt werden, beschäftigen, kommen zum Ergebnis, das diese für Kleve angedachte Version aufs dringlichste abzulehnen ist. Da dieser Platz für Kleve einzigartig ist, sollten alle die an der Zukunft Kleves interessiert sind, sich vehement dafür einsetzen, eine kluge alternative, gut durchdachte und zukunftstaugliche Lösung anzustreben. Das exakt unter der abgelehnten Planung Siedlungsreste aus dem Jahr 1300 gefunden wurde macht eines überaus deutlich. Alle Planungen zu diesem Thema gingen und gehen an den Realitäten in Kleve vorbei.

Es kann nur einzig und alleine darum gehen die Besonderheiten Kleves zu betonen und nicht die weltweit grassierende Uniformität Vorschub zu leisten. Wenn alles gleich aus sieht verlieren alle. Wenn jeder seine Reize in den Vordergrund stellt ist Attraktivität gegeben und genau diese Vielfalt sollte in unserer globalisierten Welt betont sein.

Ich gehe hiermit ausdrücklich nicht auf die Formlose, wahrscheinlich durch einen Praktikanten gemachten, Entwurf ein. Das das renommierte Architekturbüro RKW unter der Verantwortung von Lars Klatte nicht versucht hat diesen konzeptlosen Klumpatsch schönzureden macht deutlich das dies ein indiskutables Etwas ist. Herr Klatte hat in meiner Heimatstadt Aachen studiert. Würde jemand auf dem Aachen Markt ein solches Gebäude errichten wollen gäbe es langanhaltendes Gelächter.

Das heute Abend Herr Thomas Riek von Santowski anwesend ist, ist nicht selbstverständlich und Begrüssenswert. Aber meiner Meinung nach ist es nicht die Vordergründigste Aufgabe eines Projektentwicklers sich mit der städtebauliche Entwicklung einer Stadt wie Kleves auseinanderzusetzen. Diese Meinung sollte seitens der Klever Verantwortlichen namentlich die für Kleve einzutretende Politiker und Architekten, standhaft deutlich gemacht werden. Dies findet hoffentlich Heute in alles Deutlichkeit statt. Aber ist, wie bereits gesagt, nicht eine FORM zu besprechen sondern der INNHALT. Auch sollten die Gefahren eines Ausverkaufes städtischer Grundstücke nicht ausser acht gelassen werden. Fremdbestimmt und ohne Tafelsilber i(s)st man unfrei mit Plasticbesteck.

Dr. Gerd Kühn vom ‘Deutschen Institut für Urbanistik‘, hat sich über Jahrzehnte mit derartigen Einkaufszentren beschäftigt. In einem seiner Berichte kommt er abschließend zu einem Befund. Diese 5 Bemerkungen werden alle hier in Kleve missachtet. Daraus ergibt sich das Jemand und/oder Jedermann seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Und dies beim wichtigsten Bauvorhaben das Kleve auf Jahrzehnte hinaus Jahre ausmachen oder Ausmachen wird. Der Hochschulbau ist der  Minoritenplatzbebauung in seiner Bedeutung gleichzusetzen.

Im Juli habe ich dem Rat sowie Herrn Brauer meine Kritik schriftlich zukommen lassen. In diesem Papier habe ich das Centre Pompidou aufgegriffen, dieses Gebäude für die Bürgerschaft hat ein Politiker in Paris, Georg Pompidou, auf den Weg gebracht. Genau dieses, der Bürgerschaft und somit jedem Einzelnen hier in Kleve Rechnung zu tragen ist die ureigene Aufgabe von Politik. Dieses in Erinnerung zu rufen kann nur durch die Bürger selbst geschehen. Dieses Konzept beinhaltet kurz gesagt multifunktionalität gegenüber einer Monofunktion eines Konsumtempels in dem Kaufen und Habenwollen zur Religion erhoben wird.

Das Interesse der Bürgerschaft sollte durch die großmöglichste Zahl zum Ausdruck gebracht werden. Ich habe genau dies zu meiner Aufgabe gemacht. Das ich Bildhauer bin ist Nahtlos zu sehen. Eine Stadt ist ein soziales Gefüge und letztlich eine Skulptur, diese mit zu gestalten ist ein Privileg. Dieses Privileg steht jedem zu und wer seine Stadt mitgestalted identifiziert sich unmittelbar. Lieber Rat der Stadt, etwas Besseres kann es für eine Demokratie nicht geben!

Unser Bundespräsident hat es vortrefflich formuliert: “Ja sagen“! Ja sagen zur Verantwortung. Anarcharsis Cloots ist in Donsbrüben geboren und hat als ‘Redner des Menschengeschlechts’ nicht nur Beuys inspiriert. Joachim Gauck sieht die französische Revolution als bestes Beispiel, ungebunden, nicht kommandiert und selbst seine Maßstäbe setzen zu wollen. Cloots hat in dieser Revolution  seinen Kopf gelassen. Beuys hat sich, zeitweise, seinen Namen gegeben. Beuys ist einer der größten Sozialreformer überhaupt. Dies ist immer noch nicht durchgedrungen obwohl es mit seinem Atelierrückbau endlich an der Zeit wäre. Kleve ist unendlich reich an Bürgerwillen. Hier sind Maßstäbe gesetzt und die Aussprache von Friedrich Gorissen “…von der Residenz zur Bürgerstadt” hat Guido de Werd zurecht zur ‘Kleinbürgerstadt’ ergänzt. Jetzt liegt es an den Bürgern selbst und den gewillten Politikern, dies um eine weiter Position zu ergänzen; ‘Stadt der Großbürger’ mit all dem was Freiheit und Verantwortung enthält.’

Die Minoritenplatzbebauung ist exemplarisch für die unrechtmäßige Zurechtweisung der Bürger durch die Willkür. Mit Verlaub, dieser Bebauungsplan ist ein Schnellschuß und Fehlerhaft von A bis Z, bei z.Z. ca. 16.000 m2 Leerstand im Groß- und Einzelhandel in Kleve. In diesem Zusammenhang sei ganz kurz auf die demographische Entwicklung hingewiesen. Auch der Internethandel wird die Stadt nicht voller machen.

Meine komplette Ablehnung; nicht alleine der Architektur, die keine ist, sondern im Besonderen die der Innhaltlosigkeit dieses Vorhabens ist keine subjektive Empfindung sondern an objektiven und messbaren Prinzipien orientierte Tatsache. Einige Stichworte zur Diskussion;

  1. Städtebauliche Verträge zwischen Kommunen und Projektentwicklern/Investoren kommen eine überaus wichtige Bedeutung zu. In solchen Verträgen könnten detaillierte Nutzungsabsprachen und weitere Vereinbarungen getroffen werden – etwa zum Branchenmix und Sortimenten.
  2. Das in der Architektursprache der meisten Einkaufscenter erkennbare Stadtverständnis ist ein ganz anderes als dasjenige der traditionellen europäischen Stadt mit ihren mehr oder minder kleinteilig parzellierten Blöcken, die durch Straßen, Plätze und Grünräume gegliedert sind. Deren zum öffentlichen Raum ausgerichtete Wohn- und Geschäftshäuser beinhalten jeweils eine hochgradig differenzierte Nutzung aus Gewerbe, Wohnen, Kultur und Freizeit und weisen damit eine feinsinnige Abstufung zwischen Öffentlichkeit und Privatheit auf. Das räumliche Konstrukt der meisten Einkaufscenter hat mit einer solchen Stadt nichts gemein. Es benutzt lediglich Elemente des tradierten Stadtbildes und dies zumeist ausschließlich für die Ausstattung ihrer nach außen abgeschotteten Innenwelt.
  3. Analysen der Bauformen machen deutlich, dass im Wesentlichen hierzulande immer noch das traditionelle, aus den USA importierte Schema für die meisten Einkaufscenter bestimmend ist. Dieses Schema besteht aus der direkten Anbindung der Malls (Laufwerke des Einkaufscenters) an die PKW-Parkdecks oder Tiefgaragen sowie der völligen Innenorientierung und Abgeschlossenheit des Baukörpers nach außen und der Aneinanderreihung der Geschäfte zwischen den „Kaufmagneten“ entlang der „Malls“.
  4. Damit hat eine Umkehrung von Innen- und Außenraum in die Städte Einzug gehalten. Der vorhandene öffentliche Raum unserer Innenstädte wird somit durch ein für periphere Räume ersonnenes Architekturkonzept abgewertet, die private Innenwelt des Einkaufscenters dagegen aufgewertet. Die Beziehungen der Center-Innenräume zum umgebenden Außenraum werden durch die beschriebene Grundform stark eingeschränkt. Dies steht in einem diametralen Gegensatz zur traditionellen Architektur unserer Städte. Die Vernetzung der center mit dem vorhandenen öffentlichen Raum der Innenstädte ist von Investorenseite nur dort gewollt, wo ein Zugang eine höhere „Frequenz“ verspricht.
  5. Ausschließliche Innenorientierung und Abgeschlossenheit nach außen, Aufreihung der Geschäfte entlang einer oder mehrerer Malls zwischen den „Kaufmagneten“,in unseren offenen, historisch gewachsenen Stadtzentren nach außen abgekapselte, introvertierte Innenwelten. Deren Großmaßstäblichkeit und monostrukturelle Verarmung steht in einem krassen Widerspruch zum Wunsch nach einer Revitalisierung der innerstädtischen Hauptgeschäftsbereiche.
  6. Neben der Qualität des öffentlichen Raumes und einem attraktiven Nutzungsmix ist es insbesondere die Architektur, die den Standort prägt und ihn zu einer neuen Visitenkarte der Innenstadt machen kann. Hierfür gibt es kein Patentrezept – wohl aber eine Grundhaltung, die es auszuformulieren gilt. Es ist eine grundsätzliche Entscheidung, welcher architektonische Anspruch mit dem Bau eines innerstädtischen Einkaufscenters verfolgt werden soll. Zwei alternativen sind hierbei zu unterscheiden: Errichtung einer städtebaulichen Dominante und Stadtbildprägenden Bauwerks im Sinne eines „Leuchtturmprojektes“ oder aufgreifen der vorhandenen Gebäudestrukturen und Verwendung einer unprätentiösen, an das Umfeld angepassten und angemessenen Architektursprache.Als Bildhauer konnte ich es nicht lassen selber einen Entwurf für den Minoritenplatz zu machen. Er besteht aus einer großen Kugel in der Mitte und zwei gleich großen und kleineren Kugeln jeweils recht und links daneben. Die Grundfläche ist elliptisch. Diese runde Form kann nicht anecken und ist von allen Seiten Ansprechend. Maximale Transparenz, maximale Durchlässigkeit, maximale Funktionsmöglichkeit, maximale Belebung. Ich habe mit Thomas Riek gesprochen und auch mit Lars Klatte Kontakt aufgenommen. Jederzeit bin ich zu einer Zusammenarbeit bereit und hoch mutieviert.
  7. Zusammenfassend lautet die Empfehlung, die Architektur der Center an die Architektur der Städte anzupassen und sie dazu zu bringen, ihr jeweiliges urbanes Umfeld zu respektieren, sich ihm zu öffnen und mit ihm zu korrespondieren und nicht die Stadt zugunsten des Centers umzuformen und sie an die Bedürfnisse des Centers anzupassen.
  8. Innerstädtische Einkaufscenter sind weitestgehend monofunktional ausgelegt. Die Analysen zeigen, das durchschnittlich ca. 90% der angebotenen Flächen von Einzelhandelsanbietern genutzt werden. Ergänzend treten gastronomische Angebote (ca. 7%), in geringerem Maß auch Dienstleistungsangebote hinzu. Die gastronomischen Betriebe, so die Darstellung in Fachpublikationen, werden gewählt, um die Aufenthaltsdauer in den Centern zu erhöhen. In einigen neueren Centern werden oberhalb der Einkaufsetagen weitere Nutzungen wie Büros verortet. Nur in den seltensten Fällen werden Wohnungen, soziale oder kulturelle Nutzungen integriert. Die Begehbarkeit der Einkaufszentren ist nur bis in die Abendstunden möglich, was diese Räume von den öffentlichen Räumen einer Stadt unterscheidet und abschirmt.
  9. An die Stelle einer funktionalen und architektonischen Vielfalt aus Einzelhandel, arbeiten und Wohnen, Kultur- und Freizeiteinrichtungen mit ihren breit gefächerten architektonischen Ausdrucksformen treten in Form großer Einkaufscenter großmaßstäbliche Erlebnisräume mit nach außen abgekapselten Binnenwelten. Es entstehen Bereiche in den Städten, aus denen den Konsum störende Erscheinungen des städtischen Lebens ausgesperrt werden: die Witterung und der Straßenverkehr, aber auch bestimmte Bevölkerungsgruppen. Diese Bereiche „gehören“ also nicht mehr allen und können nicht mehr von allen genutzt werden, weil es rechtliche und temporäre Zugangsbeschränkungen gibt. Private Hausregeln ergänzen hier das öffentliche Recht, private Sicherheitskräfte sollen an Stelle staatlicher Ordnungshüter für den Schutz und die Sicherheit der Besucher sorgen. Center-Manager sehen sich als Bürgermeister ihrer eigenen Stadt.

Die Folgen
Die Einzelhandelsbetriebsform eines Einkaufscenters besitzt aufgrund seiner räumlichen, funktionalen und organisatorischen Struktur Wettbewerbsvorteile (Mieten, Branchenmix, Werbegemeinschaft, räumliche Verteilung der Geschäfte etc.) gegenüber den klassischen Einzelhandelsgeschäften, was gleichermaßen enorme Wettbewerbsvorteile des Centerbetreibers zu seinen Konkurrenten bedeutet. Diese Entwicklung hat gravierende Folgen für die Kaufmannschaft und auf das Grundeigentum in den Innenstädten. Sie forciert den schon seit langem zu beobachtenden Rückzug des mittelständischen, Inhabergeführten Fachhandels und führt zu Veränderungen von Wertigkeiten und städtischen Strukturen.

Multifunktionalität stärken. Der Einzelhandel ist zwar einer der bedeutendsten Faktoren für den Erfolg der Innenstädte. Dennoch werden diese erst durch die Vielfalt unterschiedlicher Funktionen lebendig. Dieser Tatsache sollen auch die Center Rechnung tragen. Monostrukturierte Einkaufscenter sind insbesondere bei großen Centern und bei Centern, die einen hohen Anteil an der innerstädtischen Nutzfläche einnehmen, zu vermeiden. Stattdessen sind auch kulturelle Einrichtungen oder Freizeiteinrichtungen und Wohnungen zu integrieren. Um die Baufelder auch vertikal gut auszunutzen, ist eine vertikale Nutzungsmischung anzustreben.

Verbindende Nutzungen ermöglichen. Auch Nutzungen können zu einer Verbindung des Centers mit den öffentlichen Räumen beitragen.So können außengastronomische Einrichtungen zum Stadtraum orientiert sein und zu einer Belebung des Center-Umfelds beitragen. Ebenso müssen die Geschäfte möglichst auch vom Stadtraum und nicht nur von der inneren Mall zugänglich sein. Dadurch werden unangenehme Rückseiten vermieden und es wird einer Verödung des Stadtraums und einer Zunahme von Unsicherheits-gefühlen entgegengewirkt.

Zugangsbeschränkungen vermeiden. Der öffentliche Raum sollte für Alle nutzbar sein. Eine Barriere zwischen den öffentlichen Räumen der Innenstadt und dem privaten Einkaufscenter muss vermieden werden. Private Zugangsregelungen (z. B. Schließungszeiten in den Abend- und Nachtstunden oder an Feiertagen) und Ausgrenzungen von bestimmten Bevölkerungsgruppen oder Verhaltensaufforderungen (in den ausgehängten Hausordnungen) sind sehr kritisch zu hinterfragen. In Kleve sollten wir in städtebaulichen Verträgen darauf hinwirken, dass es keinerlei Zugangsbeschränkungen – weder zeitlich noch für bestimmte Personengruppen – gibt. Durch den Bau offener Center werden die eben beschriebenen Probleme von vornherein nahezu ausgeschlossen.

Autofreie Innenstadt. Knapp 40% der Besucher und Kunden benutzen das Auto, um in die Innenstädte zu gelangen. Das jetzig geplannte Einkaufscenter ist trotz eines guten ÖPnV-Angebotes ausgesprochen autokundenorientiert. Dieser Trend zu mehr Individualverkehr erschwert die Steuerung und die Wirtschaftlichkeit des ÖPnV. Jeder der Kleve kennt kennt die schwierige Verkehrssituation an der Hafenstraße. Über die  zusätzlichen Luftschadstoffe oder Lärmimissionen habe ich bisher noch gar nichts gehört. Auf der einen Seite werden vorbildliche Leihräder aufgestellt plus E-Bike Station und jetzt sollen täglich mehrere hunderte Autos zusätzlich kommen?

Das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes NRW empfielt ein Stellplatz sollte mit 70 m2 Verkaufsfläche gegengerechnet werden. Demnach bei 1.900 m2 : 70 =  maximal 27 Stück. Der in Innerstädtischen übliche Schlüssel liegt jedoch unter diesem Wert. Um einen ungerechtfertigten Vorteil der Einkaufscenter zu vermeiden sollte dieser Wert unterschritten werden.

Wichtig ist, das gesamte innerstädtische Umfeld im Blick zu haben und nicht nur einen isolierten Standort, um das Investitionsklima der City in Gänze zu verbessern. Der Niederländische Einzelhandelsverband  schrieb letzten Monat: “…winkelen voor Nederlanders weinig met status te maken heeft. Maar het moet wel gezellig zijn. “Nederlanders houden van kleine keitjes, historische geveltjes en een fonteintje op een plein”, zegt hij. “We willen het liefst een divers winkelaanbod en hebben een afkeer van grote shoppingsmalls.

Es ist festzustellen, dass die Errichtung eines innerstädtischen Einkaufscenters zunehmend vorhandene öffentliche Räume ersetzt. Dieser Bau würde in Kleve die Funktion des ehemaligen (öffentlichen) Hauptgeschäftsbereichs einer Stadt übernehmen und abgraben. Wegen der einseitigen Ausrichtung auf den Einzelhandel nimmt die funktionale Vielfalt der traditionellen europäischen Stadt in den meisten Innenstädten seit Jahren ab. Monofunktionale, ausschließlich auf den Einzelhandel fixierte Center Intensivieren diese Entwicklung.

Alle baulichen Elemente der Center sind auf den Konsum angelegt. Die Gestaltung und Belichtung der Räume hinterlassen tiefe Sinneseindrücke auf die Besucher. Kulturelle Veranstaltungen dienen als Marketingzweck. Das Shopping soll dadurch Event-charakter erhalten. Die Materialien der Fußböden, Brüstungen, Decken sind meist freundlich und in aller Regel edel. Sie unterstreichen das organisatorische Konzept der drei großen „S“: Sicherheit, Sauberkeit & Service, die das gesellschaftliche Leitbild der Einkaufscenter bilden. Dieses Leitbild steht in bewusstem Kontrast zur Außenwelt, die den Besuchern im Vergleich immer weniger attraktiv zu der Innenwelt des Centers erscheint und für sie an Attraktivität verliert. Kulturkritiker sprechen von “Disneyfizierung”, um den Trend der funktionalen Einengung der Stadt auf die Themen wie ‘Shopping’, ‘Entertainment’ und ‘Event’ plakativ zu beschreiben.

In erstaunlicher Widersprüchlichkeit steht dem Wunsch nach Revitalisierung der Innenstadt eine monostrukturelle und funktionale Verarmung in Form gleicher Bautypologien und Erscheinungsbilder der Einkaufscenter und ihrer Nutzungen mit dem allerorten bekannten gleichen Warenangebot internationaler Ladenketten gegenüber.

Abschließend bleibt festzuhalten das Wir für Kleve etwas entwickeln müssen was dieser Stadt gerecht wird und die Lebensqualität steigert sowie erhält. Vielfalt, Tradition  und das Bewusstsein ein Klever zu sein mit all der angesprochenen Verantwortung. Zu dieser Verantwortung gehört im Besonderen, kritische Meinungen nicht nur zuzulassen, sondern diese, seitens der Politik, Ausdrücklich einzufordern!

Das von den 10, durch die NRZ befragten, Architekten nur Ekkehard Voss aus Hamburg, der gerade mit der Hochschule einen neuen Stadtteil eingeweiht hat, seine kritische Meinung öffentlich macht ist mit Verlaub eine Schande. Gerade die Architekten aus Kleve haben neben dem Sachverstand auch die nötige Ortskenntnisse und sollten Stellung beziehen. Sich wieder besseren Wissens zu ducken ist alles andere als Ehrenhaft. Auch würde dies nicht wie bei Anarcharsis Cloots den Kopf kosten. Etwas mehr Courage bitte! Das Julia Blanck ihre Meinung in der RP deutlich macht ist in diesem Zusammenhang Vorbildlich und zu unterstreichen. Und in der Tat, die ersehnten Studenten laufen zur Zeit noch gegen eine sich (besser nicht) Vorzustellende Verteidigungsanlage. Zitat E. Voss “…die „Kleinteiligkeit“ der Klever Innenstadt am Hafen fortzusetzen. Die durchlässigen Riegel haben Maßstäbe geschaffen, sagt Voss. Darauf legt der Architekt Wert: Er mauere keine Stadtkante zu, sondern verbinde die neue „weiße Stadt“ mit den Galleien – jener halbkreisförmigen Ebene, die früher zu einem System von Parkanlagen, Gräben und Alleen gehörte.”. Herr Voss lässt die Stadt offen und auf dem Minoritenplatz wird die Stadt zugemauert. Ein Masterplan sieht anders aus.

Die Kultur der italienischen „Piazza“ (topographischer Knotenpunkt innerhalb der Stadt, zugleich eine der wichtigsten Bühnen ihres religiösen, politischen und gesellschaftlichen Lebens) in Kombination eines Centre Pompidou mit Einzelhandel sowie intigriertem  Archeologie Fenster und Grünanlage.

Eigentlich ist alles sehr einfach.

 

Max Knippert

(Zahlen wie auch wesentliche Argumente in diesem Text habe ich vom Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes NRW, entnommen bzw. aufgegriffen.)

 

Rheinische Post

 

2 Comments

  1. Frank Beuken
    24. September 2012

    Sehr gut geschrieben und danke für diese kritische auseinandersetzung. Genau die projektentwickler und deren Freunden von Kleve bestimmen was we gebaut wird. Ich bin auch der meinung das die Bürger das entscheiden müssen und genau auf diese stellen in der Stadt wo jeder gerne zeit verbringen will. diese Zentrum ist der visitenkarte der Stadt. Eine gemeinsames Projekt bringt viel mehr. Für die Bürger und die Besuchern. Im rahmen der Hochschule sollte etwas hochwertiges und gemeinsames gebaut werden auf u.a. der Minoritenplatz und kein unsinnige Bunker mit wieder billig Läden oder noch schlimmer, geschäften wo nicht allen wilkommen sind. Kultur ist einer der wichtigste Träger der Stadt Kleve, also lass das nicht umbringen durch diese völli unnötige Klotz auf der Minoritenplatz.

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  2. Was braucht Kleve: Ein Einkaufszenter oder einen Kulturpalast – Teil II « Wendepunkt
    24. September 2012

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