Klever Rathaussteine und die Fussballweltmeisterschaft
Als der Zuschlag für das neue Rathaus gefallen war habe ich dem Rat und den Fraktionen immer wieder geschrieben, das Sie doch bitte Klinkersteine verwenden und auf Wärmeverbundsystem verzichten sollen (Artikel Dez 2012). Es wird Klinker geben. Vorweg, eine verklickerte Fassade kann auch verputz werden um fugenlose Flächen zu gestalten. Es geht in erster Linie um solides Handwerk, Jahrtausende alt.
Die derzeit unter großem Aufwand hergestellten Musterklinker finden keine Überzeugung. Aber es liegt nicht an Celina sondern an der verkehrten Vorgehensweise. Erst der Entwurf, und erst dann den Brennofen anschmeißen. Jedoch braucht ein Entwurf, die Einbeziehung des Umfeldes.
Turmcafe.
Das Gebäude des Turmcafes zeigt sich in einem sandsteinfarbendem Klinkerstein. Dieser wurde 2005 nach dem Umbau vermauert. Die mittigen Fenster des Turmes wirken gestapelt und durch die zwei nebeneinander gereihten Fenster unter dem Gesims erhält der Turm etwas Kopflastiges. Die Klinkerfläche des Turmes wird durch hervorstehende Ecken bzw. der zurückspringenden Wand, strukturiert und gegliedert. Das wellenförmige Fries mit den eckigen Türmchen deckelt den Turm.
Der Turm ist durch den bescheidenen Einsatz weniger Stillmittel mittels Klinker abwechslungsreich und alles andere als Monoton.
Der rechte Gebäudeteil, des aus drei Teilen verbundenen bestehenden Ensembles, wird durch Fensterbänke betont und die Rahmungen der unteren bodengleichen Fenster greifen die Höhenunterschiede der Fassade des Turmes wieder auf. Der Eingangsbereich der Wohnungen verbindet die beiden Gebäudeteile mittelschiffartig.
Der Gebäudekomplex ist ein selbstständig Baukörper der den Minoritenplatz zur Kavarinerstrasse Platzförmig einfasst.
Deutsche Bank
Auf der anderen Seite befindet sich das Gebäude der Deutschen Bank. Dieses sehr langgestreckte Gebäude verbindet durch die abgerundete Form den Minoritenplatz mit der Großen Strasse. Auch dieses Gebäude markiert eine Ecksituation. Ebenso wie das Turmgebäude wird das Deutsche Bank Gebäude durch senkrechte Klinkersäulen gegliedert und die nach unten hin vorspringenden Fensterfronten geben den Zwischenräumen Tiefe. Die Gauben des Daches betonen die fünfteilige vertikale Gebäudestrucktur und leiten die Fassade in den Dachbereich. Im Gegensatz zu den dunklen Fenstern des Turmcafes, die sich zurückhaltend der Fassade unterwerfen, wirken die weißen Fenster des Bankgebäudes wie Fremdkörper. Hier hätten dunkle Fensterrahmen harmonisierend auf das Gesamtbild gewirkt. Auch hätte es, meiner Meinung nach, der Fassade gut getan die beiden fast rechteckige Fensterformen der vertikalen Reihung durch ein drittes Fenster zu verschmälern und zu gliedern. Dies hätte die ins Dach hineinreichende Fassadenformen aufgenommen und ein konsequentes Ganzes (Erscheinungsbild) entsprochen.
Die Klinkerfarbe erinnert an Feldbrand und wirkt durch die vielfältigen Farbnuancen, lebhaft und keineswegs Klotzig, jedoch im Vergleich zum Turmcafeklinker dunkel und zurückweisender.
Rathaus
Der Rathausneubau befindet sich zwischen diesen Gebäuden und schiebt sich als Riegel gegen die Unterstadtkirche. Die zuvor beschrieben Eckgebäude rahmen dieses Gebäude und lenken den Blick unweigerlich in ihre Mitte, und somit auf das Rathaus.
Die Blickrichtung führt folgerichtig ins Zentrum der unteren Altstadt. Dieses symbolhafte optische eintreten betont den horizontalen Blick. Aus diesem Grund scheint es mir Folgerichtig die Fassadenteile ebenso horizontal zu akzentuieren. Dies könnte mit unterschiedlichen Klinkerfarben erreicht werden, was jedoch sehr schnell modisch und aufgesetzt wirkt. Das neue Hotel am Spoyufer verdeutlicht, durch seine verschieden Materialen, Strukturen und Farben, ein sehr uneinheitlich Bild. Hier wäre sicher weniger mehr gewesen.
Aus diesem Grund sollten zwei vorherrschende Farben genügen oder sogar nur eine. Das Turmcafe überzeugt durch eine Farbe. Sandstein. Die Fensterrahmen halten sich farblich zurück und das Dach ist für den Spaziergänger kaum wahrnehmbar.
Kurz um, die Lebendigkeit des neuen Rathaus in Kleve kann letztlich nur durch die Verlegetechnik der Klinker erreicht werden, da Fenster und Türöffnungen bereits seit Hunderten Jahren vorgegeben sind. Da der Neubau die ‘alte’ Form völlig übernimmt sollte man ruhig einen Blick auf die historische Ansicht werfen. Es sind exakt die Fassadenelemente aus der direkten Nachbarschaft. Das etwas mehr Schwung vorherrschte und die Dachfenster etwas spitzer ausfallen sollte nicht davon ablenken das Strukturloses oft starrsinnig und monolithisch wirkt. Für ein Rathaus wohl denkbar ungeeignete Eigenschaften.
Gestaltungsbeirat
Zu viel Bauornament würde verspielt und überheblich wirken können. Da Sachbezogenheit und Sparsamkeit Eigenschaften einer jeden Verwaltung sind, oder sein sollten, darum sollte dies auch in der Fassadensprache zum Ausdruck kommen. Das verschiedene Tiefen bei einer Fassade einen größeren Aufwand beim Verfugen bedeuten, kann hier nicht als Argument gelten!
Dieser Versuch einen Blick auf das zentrale Thema, der Fassade, zu lenken zeigt noch einmal wie hilfreich ein Gestaltungsbeirat ist. Am 16 Mai haben die Offenen Klever geladen, im Haus Koekkoek, den Erfahrungen von Michael Maas zu folgen.
Michael Maas ist Mitglied des Gestaltungsbeirates in Münster und wurde in Kleve geboren. Er ist Landesvorsitzender des BDB (Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e.V.).
Herr Maas hat sehr überzeugend ein Plädoyer für einen derartigen Beitrag gehalten. Ich bin mir sicher, das sich niemand seiner Argumente entziehen kann. Doch der Wahlkampf hat persönliche Vorbehalte geschürt, was dazu geführt hat das die meisten Vertreter der Fraktionen nicht gekommen sind. Es sind nicht die Offenen Klever die den Gestaltungsbeirat erfunden haben, dies waren und sind Architekturfachleute die durch sachliche Argumente zu überzeugen wissen. In NRW gibt es derzeit 28 solcher Beiräte die ehrenamtlich ihrer Arbeit nachgehen.
Es hat sich bei der Präsentation der Klever Rathaussteine gezeigt, das zwei Quadratmeter vermauerter Klinker nicht in der Lage sind Überzeugungsarbeit leisten zu können.
Bald beginnt die Fussballweltmeisterschaft und niemand käme auf die Idee, die Zuschauer über die Farbe des Balls entscheiden zu lassen. Wir wollen Spieler sehen, die Ballgefühl haben und Spielwitz besitzen und am Ende soll das Runde ins Eckige.
Nochmal Sontowski
Ab heute ist sicher, das Sontowski sich auf den Minorienplatz klagen will. Sollten sie dies schaffen, kann das Rathaus auch Pink lackiert werden.
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