Alle Wege führen zum Minoritenplatz
Der Architekt als Chronist.
Friedhelm Hülsmann hat in Kleve die Entwicklung am Minoritenplatz verfolgt und wird berichten. Die Sicht eines in Kleve lebenden Architekten macht überaus neugierig und die Tatsache, dass er fest in der Klever Planungsstrucktur eingebunden ist, lässt hoffen. Hoffen, unter anderem, auf offene Worte sowie Details, die noch nicht ans Licht der Öffentlichkeit gekommen sind.
Wann und durch wenn wurde z.B. das LOS 3 geteilt? Dadurch entstand das LOS 3B der Volksbank Kleverland. Herr Ruffing wollte ursprünglich gegenüber der Deutschen Bank bauen! Wer hat ihn dazu bewegt einen Riegel vor den Spoykanal zu setzten? Die Klever Bevölkerung hat ein Recht auf Beantwortung dieser Fragen, auch wenn dies selbstverständlich nicht die Aufgabe von Frieselm Hülsmann ist.
Zurück auf LOS 3A. Hier plante Astoc mit einem Plausibilitätsvorschlag der jedoch nicht bindend war. Kurz um, stand Multifunktion immer an aller oberster Stelle und Monofunktion sollte auf jeden Fall verhindert werden. Jetzt gibt es ein Hotel, eine Bank und hätte es nicht einen derartigen Protest seitens der Bürgerschaft gegeben – hätten wir auch noch ein Einkaufscenter. Also die Verkehrung des Anspruches. Ausschließlich Monofunktion und kein Quadratmeter Wohnraum oder gar kreativer Entwicklungsraum und der öffentliche Raum wurde schlichtweg ignoriert. Keine diesbezügliche Planung oder den Plan eine Planung zu planen! Das die neue Hochschule und somit die Stadterweiterung nicht Bestandteil dieser Jahrhundertstadtplanung war, ist nach wie vor der Kardinalfehler.
Zurück in die Zukunft.
Jetzt steht alles wieder auf Null und weiter 5 Jahre sind am Minoritenplatz vorbeigezogen.
Neben dem Rückblick wird Morgen in die Zukunft geblickt. Ich bin sehr gespannt und ich hoffe, dass diese Planung nichts mit der Architektur an der Hochschule zu tun hat. Diese empfinde ich als gelungen, sehr funktional, Gradlinig und ehrlich. Die Architektur von nps tchoban ist auf eine angenehme Weise unspecktakulär und erinnert mich an die Stollenbauweise von Möbelschreiner. Die Füllung aus verschiedenen transluzenten Funieren und gelegendlich eine gerundete Ecke. Dieser Funktionalismus ist bereits Architekturgeschichte und eben dieser Rationalismus ist 100 Jahre alt.
Der Verzicht auf repräsentative Details, die Verwendung von industriell gefertigten Baustoffen, kubistische Elemente, weißer Verputz und viel Glas hat seine Berechtigung und meiner Meinung nach sind 100 Jahre aber auch ein Stückweit genug. Diese Entwicklung hat das ‘Spiel der Hand’ abgetötet und somit eine Jahrtausendealte Handfertigkeit in der Architektur zur musealen Vitrinenkunst erklärt.
Architektur beinhaltet und bedeutet Baukunst und eben nicht ausschließlich Ingenieurskunst. Das ist nicht das gleiche! In ein Rathausviertel gehört architektonische Haptik und eine identitätsstiftende Formensprache. Weiße Kuben sind dafür denkbar ungeeignet. Wie gesagt, die Hochschule und auch das Stundenwohnheim ist rational und ehrlich, aber eben auch anonym und austauschbar.
Mannigfaltigkeit & Kreativität wünsche ich mir im Rathausviertel.
Die Fassadengliederung bei dem ‘Haus am Meer auf der Krestowski-Insel in St. Petersburg’ von nps tchoban scheint ein neuer Stadtteil zu sein und die kühle Abständlichkeit lässt mich frösteln. Der Mensch wird zum Statisten, das menschliche Maß wurde am Zeichenbrett ausradiert oder deleted. Die menschliche Wahrnehmung ist nicht gefragt.
Die Floragärten in Berlin-Pankow haben haptische Ansätze und mit dem Blick auf die Tradition des Hauses nps tchoban ist diese strucktuierte Fassade ungewohnt belebend und fasst schon barock.
Das Museum für Architekturzeichnung ist eine Wucht. Gestapelte Container aus Sandsteinfarbenen Beton in völliger Harmonie zum nachbarschfaftlichen Backsteinensamble.
Die Lochfassade der Studentenwohnanlage in der Briener Straße ist beispielsweise mit dauerweihnachtlichen Spühschnee verzierrt. Dieser Wintereffekt nach dem Motto unser Dorf soll schöner werden zeigt wie schnell das Spiel der Hand von Kunstglaser vergessen sind. Schön das Planer sich wieder an Dekoration trauen – aber das Ergebnis ist leider unterirdisch.
Das Art’otel am Rheinauhafen wiederum hat eine derart verspielte Fassade, dass es eine Freude ist darauf zu schauen. Und auch hier tritt das Thema Glas wieder hervor. Buntes Glas ist seit Jahrhunderten ein Stilmittel um Licht zu fangen, zu färben und zu lenken. Dies sollte unbedingt wieder verstärkt in die Architekturplanung.
Am Minoritenplatz in Kleve geht es aber nicht in erster Linie um Architekturzitate.
Die Aufgabe ist schlichtweg den Bauherrn zufrieden zu stellen.
Aber in Kleve sind dies 50 Tausend Stück. Der Bürger ist der Nutzer des Rathausviertels und derjenige der die Zeche zu zahlen hat. Dies sollten wir uns immer wieder vor Augen führen.
Die Funktion (utilitas) ist Begegnung und Identitätsstiftung. Die Konstruktion (firmitas) sollte eine Raumkante zur Hafenstrasse beinhalten um das Rathausviertel ganz luftig zu rahmen und die Tiefgarage muss behutsam in den historischen Boden eingefügt werden. Der Genius loci ist jedoch die freie Fläche und jetzt haben wir den Salat.
Hülsmann und Thieme genau wie das Büro aus Hamburg sind keine Landschaftsplaner.
Landschaftsarchitekten Entwerfen, sie Planung und gestalten den nicht bebautem Raum.
Architekten bebauen den Raum. Aus diesem Grund habe ich grundsätzlich große Bedenken bezüglich der Überplanung des Minoritenplatzt durch Architekten. An diese Aufgabe sollten Stadtplaner und Landschaftsplaner, daran geht kein Weg vorbei.
Wie viele Wege auf den Minoritenplatz führen ist schon erstaunlich. Es sind genau 11 Erschließungswege die diesen Stadtraum zu dem machen was er ist. Von der Tiergartenstraße über die Ludwig-Jan-Straße den neuen Hochschulweg am Spoykanal, den Kreisverkehr von Kellen aus, die Herzogbrücke vom Bahnhof kommend und den Gastro-Obschlag, vom Spoycenter und der Großen Straße aus sowie die Münze entlang zwischen Rathaus und Drunkemühle rundum über die Kavarinerstraße bis zur Koekkoekstege.
Ein Stadt-Raum der Begegnung.
1 Comment
André Lemmens
11. Dezember 2014hallo Herr Knippert,
ich begrüße Ihren Beitrag und den Verweis darauf wie wichtig Qualität ist………. nun ist ein Tag vergangen und wir wissen was die Kollegen Hülsmann und Thieme sowie Herr Voss vom Planungsbüro nps uns sagen wollen. Ich finde Sie haben uns zunächst eine Architektur einen Städtebau gezeigt die losgelöst von Raumprogrammen und Investorenzwängen eine ganz eigene Sprache hat. Mir gefällt das und ich würde es begrüßen wenn eben die geforderten Landschaftsarchitekten – vielleicht auch aus Kleve eben jenen Plan verbessern würden.
Die sachliche und fachlich kompetente Art von E. Voss hat mich Gestern Abend beeindruckt und ich empfinde solche Leute / Architekten als Gewinn für Kleve. Es war ein sehr spannender Dialog zwischen Friedhelm Hülsmann und Eckerhard Voss, es hat Spass gemacht dort Zuhörer zu sein …………. Der Wunsch nach Qualität bleibt und es bleibt spannend ob und wie der Qualitätsanspruch weiter verfolgt werden kann und wie er sich dann eben nicht in Zusammenhang mit Investoren in Luft auflösen wird. Er bleibt aber bestehen wenn man Architekten wie gestern Abend gesehen frei arbeiten läßt…….. Danke für diesen interessanten Beitrag für Kleve, unsere Heimat.